Bestandsgebäude – Denkmalschutz – Einzeldenkmal von nationaler Bedeutung, Backsteingotik, aus 13. + 14. Jhd.
Planung . |
ARGE Hertzberg Weber Mauruschat mit Nina Barthélémy und Michael Kungl |
Ort . |
Am Kloster 6 in 14913 Jüterbog Ortsteil Kloster Zinna |
Leistungen
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Objektplanung und Generalplanung inkl. Besondere Leistungen Brandschutzkonzept und Brandschutz-Beratung |
Auftragsumfang | LP 1 bis 4 und 5 bis 9 |
Bauherrin Ansprechpartnerin . |
Stadt Jüterbog, vertreten durch das Bauamt Bauamtsleiterin Frau Kira Richter |
Besonderheiten
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Baudenkmal Baujahr um 1350 (Siechenhaus) und um 1430 (Abtshaus) |
Bauvolumen | BGF: 1.870 m² |
Gesamtkosten | 2,89 Mio. EUR (KG 300+400) |
Mitarbeit (Büro IMM)
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Özlem Kara Christa Storch Hannelore Jentsch |
Weitere Beteiligte
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HACON Interplan, Technische Gebäudeausrüstung 2B Planungsgesellschaft, Tragwerk ZRS Berlin (Energieberatung) Konzeptlicht Lighting Solutions GmbH, Gregor Sgonina (Lichtplanung) Dirk Schumann, Bauforschung Netzwerk Bau und Forschung: Basemann und Buchheim, Restauratorinnen Stefan Haslbeck, Ausstellungsprojekte München |
Status | fertiggestellt |
Fotos / Bildrechte | Stefan Josef Müller |
Das Kloster Zinna ist ein ehemaliges, um 1170 gegründetes Zisterzienserkloster im südlichen Brandenburg in der Gemeinde Jüterbog. Die ältesten erhaltenen Teile, bestehend aus dem Siechenhaus (um 1350) und dem Abtshaus (um 1430), sind herausragende Beispiele der norddeutschen Backsteingotik. Zum Ensemble gehört heute noch die Klosterkirche, welche jedoch nicht Teil des hier betrachteten Sanierungsprojektes war. Weitere Teile des ursprünglichen Klosters sind heute nicht mehr erhalten. Bis zur ersten denkmalgerechten Sanierung von Siechen- und Abtshaus in den 1960er Jahren wurde das Ensemble als Wohnhaus genutzt. Heute beherbergt das Abtshaus ein Museum über die Geschichte des Klosters. Im OG des Siechenhauses befindet sich zukünftig die Museumsverwaltung, das EG und KG beherbergt weiter die „Klosterbruder“ genannte Destille.
Die jüngste Sanierung diente neben der Modernisierung der Ausstellungsräume im Abtshaus und der Einrichtung der Verwaltungsräume im Siechenhaus vor allem dem Erhalt des Denkmals sowie der Anpassung an zeitgemäße Anforderungen der Barrierefreiheit, des Brandschutzes und der Nachhaltigkeit. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Schaffung barrierefreier Zugänge, und der energetischen Modernisierung, um den historischen Bestand an die heutigen Anforderungen anzupassen. Das mit Landes-Fördermitteln realisierte Projekt präsentiert die erforderlichen Eingriffe mit selbstbewusstem Gestus unter Rücksichtnahme auf den Denkmalschutz.
Das OG des Siechenhauses, mit viel abgängiger Bausubstanz aus jüngerer Vergangenheit war bisher nur eingeschränkt nutzbar, bot größere gestalterische Freiheit. Hier wurden für die Verwaltung Büroräumen und eine Bibliothek geschaffen. Der bereits vorhandene Vortragsraum wurde erneuert und durch angrenzende Flächen für Sonderausstellungen ergänzt. Die Räume bieten zukünftig Platz für Veranstaltungen und Workshops und machen das OG des Siechenhauses nun funktionaler und vielseitiger nutzbar, währenddessen im Abtshaus die wertvolle historische Substanz, mit Freskenmalereien an den Wänden, vollständig erhalten blieb.
Ein besonderer Fokus lag auf dem Abbau von Barrieren. Obwohl eine vollständige barrierefreie Erschließung auch des Obergeschosses beider Bauteile wünschenswert gewesen wäre, konnte diese mit Rücksicht auf die Denkmalsubstanz nicht realisiert werden. Nach intensiven Abstimmungen mit allen Beteiligten wurde beschlossen, das Erdgeschoss über neue Rampenbauwerke barrierefrei zugänglich zu machen. Hierfür wurde ein neuer Hauptzugang an der Westfassade geschaffen. Er liegt an einer Stelle, wo dieser vermutlich bereits im Mittelalter existierte und stärkt zugleich die Verbindung zur gegenüberliegenden Klosterkirche. Das OG wird durch virtuelle Erläuterungen im Rahmen der Ausstellung im EG barrierefrei erfahrbar gemacht. Diese Lösung stellt einen idealen Kompromiss zwischen dem Abbau von Barrieren und dem Schutz der Bausubstanz dar.
Durch schutzzielorientierte Maßnahmen wurde auch der Brandschutz grundlegend verbessert. Die Eingriffe wurden auf das notwendige Minimum reduziert und dem architektonischen Kontext zugeordnet, um das Denkmal so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Brandschutz wird hier zum Denkmalschutz, da er im Brandfall Schäden an der Gebäudesubstanz begrenzt.
Die Backsteinfassaden des Abtshauses wurden in Teilen instand gesetzt, wobei lediglich stark beschädigte Ziegel ersetzt wurden, um historische Substanz zu erhalten. Kleinere Risse wurden durch Restauratorinnen behoben, um den Originalcharakter zu bewahren. Ebenso wurden die feinen Putzspiegel, die die Fassade teilweise zieren, restauriert.
Eine besondere Herausforderung stellte die energetische Sanierung dar. Um das empfindliche Raumklima und die bis zu 700 Jahre alte Bausubstanz nicht zu gefährden, musste auf großflächige Dämmungen verzichtet werden. Stattdessen wurde die Gebäudetechnik umfassend erneuert, um den Primärenergieverbrauch zu senken. Dabei galt es – bis auf wenige unvermeidbare Ausnahmen – die Wände frei von jeglicher Installation zu halten und die moderne Technik behutsam in die historischen Strukturen des Abtshauses zu integrieren. So wurden fast alle Leitungen nur in vordefinieren Bereich des Boden verlegt, Leitungen nur durch vorhandene Durchbrüche geführt und Heizkörper als Sitzbänke ausgebildet. Für die Umsetzung der Barrierefreiheit im Erdgeschoss war ein Hublift in den vorhandenen Bodenaufbau zu integrieren, ohne dabei das darunter liegende Gewölbe zu beschädigen. Für viele Lösungen war ein erheblicher Abstimmungsaufwand erforderlich, um diese heute zurückhaltend bis unsichtbar erscheinen zu lassen. Dieser Ansatz ermöglichte es, die Technik zu erneuern, ohne den historischen Charakter des Gebäudes zu beeinträchtigen.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Projekts war die enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. In regelmäßigen Workshops und Abstimmungsrunden wurden Vertreter der Stadt Jüterbog, des Museums, der Denkmalschutzbehörden, der Bauaufsicht und Fachplaner frühzeitig in den Entscheidungsprozess eingebunden. Denkmalschutzbehörden, Nutzer, Bauforscher, Archäologen und Restauratoren waren regelmäßig in Baubesprechungen eingebunden. Nur durch diese kooperative Vorgehensweise konnten die vielen komplexen Fragestellungen, die der Bestand aufwarf, vor Ort geklärt werden. So wurde sichergestellt, dass sowohl denkmalpflegerische als auch technische Anforderungen erfüllt werden, ohne Kompromisse bei der gestalterischen Qualität einzugehen.
Die Umsetzung all dieser Maßnahmen folgt einem klaren architektonischen Konzept, das die Balance zwischen historischen Gegebenheiten und modernen Anforderungen wahrt. Der architektonisch-konzeptionelle Ansatz der Sanierung beruht auf dem Prinzip der Ablesbarkeit zeitlicher Eingriffe, indem das Vorhandene transformiert und in eine moderne, fein abgestimmte Farb- und Materialgestaltung überführt wird. Die neuen, steinfarbigen Werkstein- und Sichtbetonelemente, die mithilfe von Matrizenstrukturen das Motiv des historischen Feldsteins aufgreifen, verbinden Vergangenheit und Gegenwart. Insbesondere die Landschaft der Zugangsrampen aus Sitzbänken und Treppen setzt bewusst auf zurückhaltende Kontraste: Die glatt gestrahlten Kunststeinflächen stehen im Dialog mit den groben Oberflächen der bestehenden Ziegelsteine und lassen das mittelalterliche Gebäude selbst als zentrales Ausstellungsstück in den Vordergrund treten. Die Eingriffe wurden in drei charakteristischen Farbtönen vorgenommen, um das Zusammenspiel von Alt und Neu zu betonen. Die original befundete Wandfarbe diente als Vorlage für alle neuen Festeinbauten, Türen und Leuchten, die durch feine Farbchangierungen zur kalkhaltigen Innenfassung einen subtilen Bezug zum historischen Bestand herstellen. Alle Bodeneinbauten und Stahlgeländer korrespondieren mit dem Fugengrau des Bestandes, so dass sie sich zurückhaltend in das Gesamtbild einfügen. Die neue Stahl-Glas-Zugangstür ist in einem tiefen Schwarzgrün gehalten, das die historische Materialität und Farbigkeit der vorhandenen Fenster aufgreift und gleichzeitig moderne Akzente setzt.
Durch die beschriebene Vorgehensweise wurde ein behutsamer Kompromiss zwischen Denkmalschutz und den Anforderungen an moderne Nutzungen, Brandschutz und Zugänglichkeit für alle gefunden; - gestalterisch zurückhaltend, aber im Detail hochwertig. Dank gezielter Eingriffe und sorgfältiger Abstimmungen wurde das Ensemble nicht nur erhalten, sondern zukunftsweisend weiterentwickelt, sodass es auch kommenden Generationen in seiner kulturellen und historischen Bedeutung erhalten bleibt.